Singschule Überherrn

Singschule Überherrn
Ltg. Susanne Zapp-Lamar & Marita Grasmück

SINGEN SCHAFFT FREU(N)DE-
SINGEN IST GESUND- CHORSINGEN MACHT GLÜCKLICH!

Kennen Sie das, dass Singen Angst vertreiben kann?
.....dass man ein wohliges Gefühl bekommt, wenn man in einer Gruppe mit anderen singt?
....dass man gemeinsames Singen evtl. bei einem Lagerfeuer nie mehr vergisst?
....dass man bei bestimmten Liedern „Gänsehaut-Feeling“ bekommt?

Jedes Kind trällert Lieblingslieder vor sich hin. Man merkt dann schnell, die Stimmung ist gut. Aus eigenen Erfahrungen als Chor-sängerin über viele viele Jahr kann ich berichten, dass man vielleicht aus Zeitdruck oder anderen Gründen eine Chorprobe ohne Lust besucht (vielleicht hat man noch so viele andere Dinge zu erledigen oder ist total müde....), aber man verlässt die Probe beseelt, glücklich oder vor sich hin trällernd.

Auch als Chorleiterin erlebe ich bei meinen Sängerinnen und Sängern, egal welchen Alters dieses Phänomen. Kinder und Jugendliche haben vielleicht einen anstrengenden Schulalltag hinter sich und noch zu erledigende Hausaufgaben vor sich und besuchen
trotzdem die Probe. Oder Erwachsene kommen zur Probe nach einem anstrengenden Arbeitstag und haben den Kopf noch voller Gedanken, was alles noch erledigt werden muss.
Jedoch: Niemand verlässt die Probe so müde und abgeschlagen, wie er/sie gekommen ist.
Das Singen kann wieder neue, positive Energie geben.
Schon beim „Einsingen“-„Einschwingen“ mit anderen baut sich die Konzentration wieder auf, der Körper wird wieder wach und bereit für Neues Lernen und Erspüren.
Als diese positiven Erfahrungen bei mir selbst und bei vielen meiner Sängerinnen und Sänger möchte ich zum Anlass nehmen, für dieses „Singen in der Gemeinschaft“ zu werben.
In unserer Gemeinde Überherrn gibt es zahlreiche Gruppierungen, wo sich jede Woche Menschen zusammenfinden zum gemeinsamen Gesang.
Ob Kinderchöre, Schulchöre, Jugendchor, Kirchenchöre, Frauenchor, Vokalensemble, Männergesangsverein oder andere Chor-formationen... sprechen Sie die Chorleiter*innen oder Vorsitzende an und schauen einfach mal vorbei und singen mit- oder Ihr Kind/
oder Ihre Kinder.

2 Für Alle, die sich noch mehr beschäftigen möchten mit dem Thema „Singen in der Gemeinschaft“, kann ich folgenden Artikel von Robert Göstl (Professor und Autor für Kinderchorleitung) empfehlen, den ich hier mit den wichtigsten Informationen weitergebe.

S.Zapp-Lamar

Was wünschen wir uns für unsere Kinder und Jugendlichen?

Körperliche Gesundheit
Seelische Gesundheit
Geistige Gesundheit

• Eine gute Körperhaltung beim Singen ergibt sich ideal aus einem
Wechselspiel von Unverkrampftheit und positiver Spannung und zeigt sich am frei aufgerichteten Menschen. Flexibilität und Elastizität tragen zu positiver körperlicher Präsenz und – das halte ich für nicht
übertrieben – zu einer positiven, selbstbewussten Ausstrahlung bei.
Gemeinhin wird gute „Körperhaltung“ etwas verkürzt nur im Sinne von aufgerichteter Wirbelsäule, gutem Stand und freiem Atemapparat verstanden – erweitern wir das ruhig auf eine entspannt- spannungsvolle Mimik und natürliche, organische Gestik und Bewegung bis hin zur kleinsten Gewichtsverlagerung.

• Singen ist Klang werdende, verlangsamte Ausatmung. Der fließende Atem trägt die Stimme und wird durch die Achtsamkeit auf das Klangergebnis auf natürliche und unbewusste Art geführt, nicht durch einen Willensakt gesteuert. Der Atem ist völlig zurecht zentraler Bestandteil vieler vor allem ostasiatischer Schulen der Achtsamkeit und so verstanden Quelle von Ruhe, Energie und Gesundheit
.
• Singen ist tatsächlich die gesündeste Form der Phonation (vereinfacht:stimmlichen Klangerzeugung). So ist ein kultiviertes Singen der Entwicklung des Stimmorgans wesentlich zuträglicher als das Sprechen. Eine gesunde, gut geführte Stimme spielt im menschlichen Miteinander vom persönlichsten und intimsten Bereich bis hin zur Arbeitswelt eine entscheidende Rolle dafür, wie man wahrgenommen wird – letztendlich also auch dafür, wie man behandelt wird. Für manche Berufe finden bewusst stimmliche Eignungsprüfungen statt, in vielen anderen Bewerbungsverfahren entscheiden Verantwortliche auch nach dem Klang der Stimme, selbst wenn ihnen dies in keinem Moment bewusst ist.

Ein Modebegriff, der deshalb, weil er in Mode ist und etwas inflationär gebraucht wird, nicht weniger bedeutsam ist, hält diese drei Punkte der körperlichen Gesundheit wie eine Klammer zusammen: Achtsamkeit. Im Singen lernt der (junge) Mensch, achtsam mit seinem Körper umzugehen.

• Was sich bei Chören, die beinahe ausschließlich auf Wettbewerbe hin orientiert sind, ins negative Gegenteil verkehren kann, hat einen
absolut positiven Kern: ein Ziel erreichen, eine Leistung erbringen,
eine Hürde oder Schwierigkeit meistern – all diese Erlebnisse bringen Zufriedenheit und sind mit positiven Erlebnissen im Sport sehr wohl

3 zu vergleichen. Es wäre falsch, die Natur des Menschen, der sich mit anderen messen will, zu negieren. Und selbst das Scheitern an solch einem Ziel oder ein Moment der Niederlage bringt einen bei guter Begleitung weiter, denn entscheidend ist nicht, ob man hinfällt,
sondern ob man wieder aufsteht und im besten Fall die gleichen Fehler nicht noch einmal macht.

• Manche Menschen meinen, sogar die Schwingungen von
Mineralien/Steinen wahrzunehmen, und ich würde dies keinesfalls ins Lächerliche ziehen wollen. Aber wie die Leistung im Sport ein Aspekt ist, der im Singen nicht nur eine Rolle spielen darf sondern sogar eine Rolle spielen muss, so sind Schwingungen im Spirituellen oder auch Esoterischen ein Phänomen, das im Singen eine Entsprechung hat. Sich auf sich selbst einstellen und einschwingen, sich auf andere einstellen und einschwingen und dabei Harmonie und Gleichklang erfahren, reicht für manchen als Motivation zum Singen bereits alleine aus. Und die verschiedenen Arten von Schwingungen, über die wir hier sprechen, reichen von der physikalischen Schallwelle über Untersuchungen zur Synchronisierung des Herzschlags in einem Chor bis hin zu den Dingen, die niemand beweisen aber halt eigentlich auch
niemand widerlegen kann.

• Auszudrücken dürfen, was in einem steckt, soll als letzter Punkt
angesprochen werden. Da das Singen vielfältige Dimensionen und
Emotionen berührt, vermag es auch zu helfen, besonders jungen
Menschen Sehnsüchte, Wünsche, aber auch Ängste und Abgründe zu zeigen, die in einem schlummern – teils still und unentdeckt, teils laut und rebellierend. Ob in Religion oder Therapie: solchen
Urbedürfnissen des Menschen Ausdruck zu verleihen, gehört
unabhängig von der Weltanschauung und weitgehend unbestritten zu den möglichen Wegen, Seelen gesund zu erhalten und zu heilen. Im Singen geschieht in dieser Hinsicht viel.

Nach dem Körper und dem Herzen kommen wir nun zum Hirn, denn auch für diesen Teil des Menschen spielt Singen eine mittlerweile auch wissenschaftlich gut belegte, positive Rolle.

• Einer der entscheidenden Unterschiede zum Musizieren am
Instrument ist in der Vokalmusik die Tatsache, dass wir es immer auch mit Texten zu tun haben. Nun müssen diese nicht immer tiefschürfend und bedeutungsvoll sein, aber wenn man die ganze Bandbreite an Vokalmusik betrachtet, dann sind sie es häufig doch. Kinder und Jugendliche mit Texten von Liedern und größeren Werken zu konfrontieren, die sie geistig weiterbringen, ist eine wertvolle Aufgabe.
Ob es dabei um die Bildhaftigkeit der Sprache, um sprachliche
Stilmittel oder auch um verbale oder lautmalerische Spielereien geht,
ist nebensächlich – jedenfalls wird sprachliche Entwicklung und
Verständnis gefördert. Und eines sollten Liedtexte deshalb zumindest
nie sein (sind es aber leider manchmal): verdummend.
• Der Vorgang des Singens ist komplex und erfordert neben den
körperlichen Aktivitäten in Atem- und Stimmapparat auch enorme
Hirntätigkeiten. Zum einen erfolgen diese zur Steuerung der genannten körperlichen Vorgänge und vor allem auch in der hörenden Verarbeitung, zum anderen sind sie nötig zur Bewältigung der
4 geistigen Herausforderungen wie visuelle Verarbeitung von
(Noten)Text oder auswendiges Beherrschen der Lieder, zum dritten
läuft in anderen Hirnregionen aber gleichzeitig eine vielfältige
emotionale Verarbeitung ab. Hirnforscher wissen über Details zwar
noch nicht alles aber mittlerweile doch viel zu berichten. Landläufig
lässt sich der Gewinn zumindest darstellen als die Vernetzung der
beiden Hirnhälften und das daraus resultierende Training.
• Zu den musikalisch-technischen Parametern und der emotionalen
Ebene tritt im geistig fordernden und damit fördernden Bereich noch
ein weiterer. Wenn Musik nicht nur unserer Tage und nicht nur eines
Genres gesungen wird, lässt sich aus den verschiedenen musikalischen Epochen auch historisch sehr viel lernen. Mein Lieblingsbeispiel: schauen sie doch mal nach, was der historische Hintergrund des Liedes „Es geht ein dunkle Wolk herein“ ist. So viel sei verraten: es handelt sich nicht um einen Wetterbericht des ausgehenden Mittelalters. Und natürlich soll das Lied „Im Märzen der Bauer“ nicht trotz der Tatsache, dass heute (bei uns!) kaum mehr ein Bauer die Rösslein einspannt, gesungen werden, sondern genau wegen dieser Tatsache. Geschichtsunterricht im Singen findet spielerisch und nebenbei statt – ganz so, wie Didaktiker es gerne haben.

Es gibt in jedem Bereich viele Gründe und Themenfelder mehr. Hier reißen wir an, machen wir (hoffentlich) Lust auf mehr, aber erschöpfend abhandeln lässt dies alles nicht.

Interessiert am „Glück im Singen“?
Beim „Glück“ wird es etwas schwieriger. Wir werden hier nicht eine Frage, die Philosophen über Jahrtausende beschäftigt hat, damit lösen, dass wir behaupten: Singen alleine macht glücklich! Wenn für das Singen geworben wird, klingt das aber manchmal beinahe so und – ehrlich gesagt – mir wird dann immer sehr schnell unwohl. Nein, ich lege mich auch hier fest: 
• Singen alleine macht (leider) nicht glücklich (die gegenteilige Annahme ist Gesangs- und Chorpädagogen-Irrtum Nr. 1)
• Auch ohne Singen kann man sehr wohl sehr glücklich werden
(wiederum die gegenteilige Behauptung stellt Gesangs- und
Chorpädagogen-Irrtum Nr. 2 dar).

Sicher sind wir choraffinen Menschen der Überzeugung, dass ein Mensch, der in Gemeinschaft singt, dadurch glücklicher werden kann, als er es ohnehin schon ist. Aber wenn man für eine Sache werben will, sollte man nicht zu viel und vor allem nichts
Falsches versprechen. Und es reicht doch völlig, ein Stück vom Glück im Angebot zu haben.
Einigen wir uns vielleicht auf folgende Punkte, die Glück im Singen bedeuten können, oder zumindest glückliche Momente: ich kann Glück empfinden
• darüber, dass ich Gelingen im Kleinsten wie im Großen erfahre
• darüber, ganz eins mit mir selbst zu sein
• darüber, ganz in einer Gemeinschaft aufzugehen

(Hier ein Hinweis am Rande: wir machen uns viel zu selten bewusst, was bei uns bereits gelingt, und grübeln viel zu oft darüber nach, was defizitär ist! Kehren Sie’s um – tut gut!)

5 Anbei eine kleine Beispielsammlung oder besser gesagt Referenz-sammlung.
Kein Anspruch auf Vollständigkeit, kein Anspruch auf Allgemein-gültigkeit. Aber ein Anspruch soll deutlich werden: glückliche Momente eines Menschen machen auch andere glücklich.
• Momente des Glücks dürften es sein, die Kinder veranlassen,
„Lieblingslieder“ oder „Lieblingsstücke“ für sich zu definieren. Ich
schalte in meine Chorarbeit regelmäßig Phasen ein, in denen ich nach solchen Lieblingsstücken frage und sie dann auch singen lasse; leider bin ich zu wenig konsequent damit, dies von Woche zu Woche als Geburtstagswunsch abzufragen. Wie regelmäßig auch immer sie das in ihrer Arbeit schaffen – machen sie es! Es würde mich wundern, wenn sie nicht ähnlich überraschende Nennungen bekämen, wie ich sie immer wieder erlebe. Es gibt fast kein Stück, das nicht für irgendein Kind Lieblingsstück wäre. Selbst wenn harte Arbeit zur Einstudierung nötig war oder auch wenn eben nicht alle anderen auf das Stück „geflogen“ sind – was da an kurzem Glück erfahren wird ist sehr unterschiedlich und es ist vor allem höchst individuell. Und die Vielfalt der Rückmeldungen macht mich glücklich.
• „Besonders im Sommer muss ich meine Tochter doch immer dazu
überreden, zur Chorprobe zu gehen, und oft sind wir noch nicht einmal mit den Hausaufgaben fertig. Aber ich bin davon überzeugt, dass das wichtig und richtig ist, denn sie kommt jedes Mal singend heim, ist ein ausgeglichener und fröhlicher Mensch.“ (Beinahe) wörtliches Zitat einer Mutter, stellvertretend für doch viele aus den letzten Jahrzehnten. Momente ausgeglichenen und fröhlichen Lebens rechtfertigen Einsatz, Aufwand und Arbeit. Mich macht so etwas glücklich.
• Vielleicht kennen Sie auch das als Chorleiter*in auch: Ein Kind kommt in den Chor, trifft anfangs keinen Ton und auch nach einigen Wochen wird es kaum besser. Es darf weiter mitsingen, sie helfen mit allen Tricks, die sie gelernt und über die Jahre erfahren haben, aber es dauert und dauert und sie sind nahe daran, zu resignieren. Und dann – auf einmal und beinahe schon unerwartet – öffnet sich die imaginäre Tür und eine kleine Melodie kommt klar und sauber aus dem Mund dieses „Brummers“! Sie strahlen, er strahlt zurück – so einfach ist das mit dem Glück.

Prof.Robert Göstl- Autor von Fachliteratur „Kinderchorleitung“, Chorleiter des
Rundfunkjugendchores Wernigerode